Gliome

Was sind Gliome?

Gliome sind primäre Hirntumoren, also Krebserkrankungen mit Ursprung im Gehirn. Die Bezeichnung „Gliom“ geht auf die Annahme zurück, dass diese Tumoren immer aus Gliazellen entstehen. Gliazellen sind die „Stützzellen“ des Gehirns, zu deren Aufgaben das Stützen und Schützen von Nervenzellen zählt. Tatsächlich ist bisher aber nicht eindeutig geklärt, aus welchen Ursprungszellen Gliome entstehen. Andere Theorien vermuten z. B. bösartig gewordene Hirnstammzellen als Ursprung von Gliomen.
Abbildung zweier Nervenzellen im Stützapparat von Gliazellen
Wir betrachten hier die sogenannten „diffusen Gliome“, wobei „diffus“ bedeutet, dass der Tumor keine klare Grenze zum gesunden Gewebe aufweist. Das bedeutet, dass die Tumorzellen zum Teil weit in das gesunde Hirngewebe wandern.

Es werden drei Typen von diffusen Gliomen unterschieden:

Astrozytome mit IDH-Mutation – machen 12 % der Gliome bei Erwachsenen aus.

Oligodendrogliome mit IDH-Mutation – machen 7 % der Gliome bei Erwachsenen aus.

Glioblastome (IDH-Wildtyp) – sind mit 81 % die häufigsten Gliome bei Erwachsenen.

Quelle: Whitfield 2022

Wie entstehen Gliome?

Kurz gesagt
Gliome entstehen, wenn Zellen im Gehirn zu Krebszellen werden. Das passiert durch Veränderungen (Mutationen) im Erbgut (DNA) dieser Zellen. Die Mutationen verändern den Zellstoffwechsel und stören die normale Zellfunktion. Die Zellen teilen sich unkontrolliert und zu schnell, wodurch eine wachsende Gewebemasse entsteht – das Gliom.
Bildlich erklärt

Betrachten wir unser Gehirn einmal als Fabrik.

In der Fabrik sorgen viele Maschinen (Zellen, u. a. Gliazellen) dafür, dass alles reibungslos funktioniert.  Die Abbildung zeigt eine dieser Maschinen – ihre Aufgabe ist es, einen Rohstoff zu einem nützlichen Baustein zu verarbeiten.
Abbildung einer Maschine, die einen Rohstoff in nützliche grüne Bausteine verarbeitet.
In seltenen Fällen kann es zu plötzlichen Veränderungen (Mutationen) in der Herstellungsanleitung (DNA) der Maschine kommen.

Statt nützlichen Bausteinen stellt die Maschine jetzt unnütze oder sogar schädliche Teile her und lässt sich auch nicht abschalten oder reparieren.
Abbildung einer Maschine, an der eine Lampe rot aufleuchtet und die unnütze rote Bausteine produziert.
Die unnützen Bausteine stapeln sich immer höher in der Fabrik (Gehirn) – es kommt zu einem unkontrollierten Chaos (= Gliom).
Abbildung eines maschinellen Greifarms, der unnütze rote Bausteine zu einem unordentlichen Haufen stapelt.

Wie häufig treten Gliome auf?

Gliome sind die häufigste Art von bösartigen Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS). Im Jahr 2020 erkrankten in Deutschland etwa 3.250 Frauen und 4.080 Männer an bösartigen ZNS-Tumoren.

Dabei fallen rund 414 Neuerkrankungen pro Jahr auf ein niedriggradiges Gliom (Grad 2 Astrozytom oder Oligodendrogliom), wie Zahlen aus den Jahren 2009 bis 2020 zeigen.

Quelle: Robert-Koch-Institut 2023
414
Neuerkrankungen an einem niedriggradigen Gliom in Deutschland pro Jahr

Das mittlere Erkrankungsalter unterscheidet sich stark bei den verschiedenen Gliom-Typen.

Astrozytome mit IDH-Mutation (WHO-Grad 2, 3, 4): 37 Jahre

Oligodendrogliome mit IDH-Mutation und 1p/19q-Kodeletion (WHO-Grad 2, 3): 45 Jahre

Glioblastome (keine IDH-Mutation, WHO-Grad 4): 65 Jahre

Quellen: Miller 2023; Price 2024
Wir gehen später, im Bereich IDH-Mutationen, noch auf die Gliom-Typen und Grade ein und erklären, was eine IDH-Mutation bei Gliomen bedeutet. Keine Sorge also, wenn Sie jetzt noch nicht alles verstehen.

Symptome und Ursachen

Was sind die häufigsten Symptome eines Hirntumors?

Hirntumoren, also auch Gliome, können die normale Gehirnfunktion beeinträchtigen und verschiedene Symptome verursachen.
Die häufigsten körperlichen Symptome sind:
  • epileptische Anfälle
  • Kopfschmerzen
  • Sprachstörungen
  • Lähmungen oder Taubheitsgefühle (neu auftretend), z. B. in Finger, Bein, einer Gesichtshälfte
  • Kognitive Veränderungen: Gedächtnisprobleme oder Aufmerksamkeitsstörungen
  • Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit: Stimmungsschwankungen oder Wesensveränderungen
  • Sehstörungen: verschwommene Sicht, Verengung des Sichtfeldes
  • Schwindel
  • Übelkeit, Erbrechen
Welche Symptome auftreten, hängt überwiegend von der Lokalisation des Tumors im Gehirn und der dortigen Funktion ab, kann aber auch von der Tumorart beeinflusst werden. Die Beschwerden können bei einigen Patienten mild sein und bei anderen zu starken Einschränkungen im Alltag führen.

Zusätzlich zu körperlichen Symptomen kann eine Krebsdiagnose mental überwältigend sein und zu psychosozialer Belastung führen – sowohl bei Betroffenen als auch bei ihren Angehörigen. Das tägliche Aufstehen wird zum Kraftakt und Aufgaben wie Duschen oder Anziehen stellen plötzlich eine große Herausforderung dar. Deshalb kann eine psychologische oder psychoonkologische Betreuung während der Krebserkrankung sehr wichtig sein.

Ursachen für Hirntumoren

Bislang gibt es keine ausreichenden Belege dafür, dass bestimmte Faktoren einen Hirntumor begünstigen oder gar auslösen können. Einige Studien konnten lediglich in einzelnen Fällen Risikofaktoren feststellen. Nach diesen Studien ist das Risiko für einen Hirntumor in folgenden Fällen leicht erhöht:
Im Kindes- oder Erwachsenenalter wurde eine Strahlentherapie im Kopf- oder Halsbereich durchgeführt.
Es bestehen sehr seltene erbliche Vorerkrankungen wie Tumor-Syndrome, Neurofibromatose, Tuberöse Sklerose oder andere.
Ein Verwandter ersten Grades (Eltern, Geschwister) ist an einem Hirntumor erkrankt.
Im Kindesalter wurden Computertomografien (CT) im Kopf- oder Halsbereich durchgeführt.
Selbst wenn einer dieser Faktoren erfüllt ist, ist die Wahrscheinlichkeit, an einem Hirntumor zu erkranken, noch immer sehr gering.

Erstdiagnose Hirntumor

Der erste fachärztliche Verdacht auf einen Hirntumor basiert zumeist auf den wahrgenommenen Symptomen und den Befunden aus bildgebenden Untersuchungen.
  1. Wahrnehmen von Symptomen (z. B. epileptischer Anfall, Sprachstörungen)
  2. Neurologische Untersuchung
  3. Bildgebung (MRT oder CT) zeigt einen Tumor
  4. Verdachtsdiagnose wird gestellt
Durch MRT oder CT allein kann keine sichere Diagnose gestellt werden. Daher muss im nächsten Schritt eine Gewebeprobe entnommen und genau untersucht werden. Anhand der Gewebeprobe lässt sich auch die Art des Hirntumors feststellen. Mehr dazu lesen Sie im Bereich Diagnose und Behandlung.